Auf den Spuren von Mabuse, Sarrazin, Wulff und Co.

Warum Westerwelle, Merkel und der Papst keine Kinder haben und warum Horoskope nicht stimmen können, weiß Kabarettist Arnulf Rating

VON GISELA SCHWARZE

Vlotho. (G.S.) "Sie brauchen keinen Stresstest. Sie leben in Vlotho. Sie haben diesen Abend überstanden", bescheinigt der Kabarettist Arnulf Rating dem offensichtlich standfesten und konditionsreichen Publikum in der Kulturfabrik.

Total ausverkauft war die Kulturfabrik, denn Arnulf Rating, sein Wortwitz und scharfzüngiges Politikkabarett bürgen für Qualität und erfreuten die Weserstädter bereits zum dritten Mal. Lokalbezug war dem Kabarettisten wichtig, denn er sah mit geübten Argusaugen Parallelen vom gegenüberliegenden Bahnhof zur Akropolis. Seine Forderung: "Einstufung als Weltkulturerbe für beide Ruinen!"

Beim "Stresstest Deutschland" verkörperte der wandlungsfähige Stressforscher ein Trio, nämlich Schwester Hedwig, Dr. Mabuse und Versuchsleiter Rating. Beim Stresstestverfahren à la Mabuse, durchgeführt im Auftrag des Gütersloher Bertelsmann-Konzerns, agierten die wogende Walküre Hedwig und der leicht durchgeknallte Mediziner Mabuse nicht immer nach der Vorstellung der Auftraggeberin Liz Mohn, einer ehemaligen Telefonistin.

Die Konzernchefin gehöre neben dem früheren Kindermädchen Friede Springer und der DDR-Doktorin Angela Merkel zu den drei "No Angels" Deutschlands. Zöpfe und Schwesternhaube machten den Akteur mit dem schnellen Wortwitz und den pausenlosen Pointen beim Stresstest fürs Vaterland zu Schwester Hedwig. Im rasanten Rollenwechsel bei der Reise durch das Land der Tüchtigen kristallisierte sich heraus, dass Arbeit alles ist: "Sie bestimmt den Wert des Menschen."

Wert und Haltung in Sachen Wulff

Apropos Wert: "Wie kann Wulff eigentlich stehen?", fragte der Politkabarettist. "Wie kann ein Mann stehen, der keine Haltung hat?" Übrigens hätten Menschen, die ganz nach oben kommen, keine Kinder: "Merkel, Westerwelle und der Papst kriegen keine Kinder." Sorge bestehe landesweit vor zu vielen Zuwanderern mit ihren Kindern. Um das Weihnachtsfest, das hohe christliche Fest zu Ehren der Geburt eines unehelichen jüdischen Palästinenserkindes, machte sich Rating im Sarrazin-Deutschland Gedanken.

Der winzige Junge, der in primitivsten Wohnverhältnissen im Stall von Bethlehem von einem Kopftuchmädchen geboren wurde, sei der Grund für unser Weihnachten. "Die Familie des Tischlers Josef wurde durch Transferleistungen von teilweise farbigen Weisen aus dem Morgenland unterstützt", wusste er. "Hätte diese Familie eine Chance, in Deutschland aufgenommen zu werden?"

Ob im Profi-Business eines Unternehmens oder im Geschäftsleben eines Arztes, Arnulf Rating war überall zu Hause: "Bei der Anordnung, die Maus zu drücken, wird die Sekretärin geknutscht" oder als Dr. Mabuse: "Ich kann überleben, wenn ich Abstriche mache" und "Leben Sie, wir geben Ihnen den Rest". Fukushima thematisierte der 60-jährige Stresstester: "Früher hat man uns gesagt, eine Kernschmelze kann nur alle 33 000 Jahre passieren. Ich habe das in meinem Leben bisher auch nur siebenmal erlebt." Überdimensional gestaltete Überschriften im Springer-Blatt, dessen Titel aus vier Buchstaben besteht und mit B beginnt, sorgten bei den Veranstaltungsbesuchern für grenzenlose Heiterkeit: "Toter Barschel spricht bei RTL".

Endlich fand man den Grund dafür, dass Horoskope gar nicht stimmen können. Das Springer-Blatt titelte "Alle Horoskope falsch? Weil die Erde eiert." Rating ist und bleibt in aller Munde und das nicht nur, weil er am Samstagabend das heimische Publikum vom Anfang bis zum Schluss nonstop begeisterte.

Dass die gleichnamigen einflussreichen Agenturen für Bonitätsprüfung gern seine Internet-Adresse hätten, nimmt er genüsslich zur Kenntnis, lehnt aber alle Angebote finanzieller Art standhaft ab.

© Vlothoer Anzeiger, 24.01.2012