Böse Pointen ohne Pausen

Drei große Denkabende von Rating bei den academixern

»Knapp daneben« heißt sein neues Programm, aber Arnulf Rating ist damit voll im Leben. Als »Meinungsvertreter« legt er den Leuten ans Herz: Man sollte immer eine Meinung dabei haben. Und: Eine Zweitmeinung wäre auch nicht schlecht. Wichtig dabei das »positive Ankommen«. Sehr passend derzeit auf dem Meinungsmarkt: Ich bin ein Amerikaner …!

Pausenlos hin und her tigernd und raumgreifend gestikulierend, ackert der langaufgeschossene Wahlberliner durch den politischen Alltag. Aktualität ist Gesetz, und da lässt er nichts liegen. Gerade wurde ein Tenniswunder geboren, und eine Boulevardzeitung titelte besorgt: Steffi, was ist das für ein komischer Name? Das sei in Kriegszeiten gern gesehen, kommentiert Rating unschuldsvoll-gallig, und fühlt sich auch gleich ans Mutterkreuz geschlagen. Die neue (Sicherheits)Lage lässt ihn über den Atomausstieg der Regierung grübeln: SPD/Grüne beschließen Restlaufzeiten für KKW, die hält kein KKW durch Ratings intelligenter Witz hat stets ironische und böse-sarkastische Untertöne. Die jagen sich gegenseitig im pausenlosen Pointenfeuerwerk.

Was dem Satiriker (Herkunft Ost) die DDR, ist dem Kabarettisten (Abstammung West) die WG der linken und grünen Alt-68er. Die Abrechnung erfolgt in einer fingierten Geburtstagsfeier nach 30 Jahren, bei der Rating umwerfend komisch verschiedene Typen spielt. Komik greift noch, wenn der Alt-Linke die Parole »Rauchen gegen den Terror« grölt: Eichel hat die Tabaksteuer erhöht, damit wir kämpfen können an der Heimatfront. Ich bin stolz, ein Raucher zu sein! Sie wird – in genialer Manier – stückchenweise gebrochen, wenn Rating den Leuten seine Überlebensbotschaft einbläut: Sorge dich nicht, lebe! Prägnantes Beispiel: Einer der ganz unten war, ist heute Außenminister. Er hat alles aufgegeben. Außer sich selbst. Großer Denkspaß bei drei spannenden Abenden im academixer-Keller.

Bernd Locker

© Leipziger Volkszeitung, 1.11.2001