Zwischen beißender Ironie und bitterer Wahrheit

Arnulf Ratings Polit-Kabarett im Scharfrichterhaus


Hat den Durchblick: Arnulf Rating, der sein Programm „Aufwärts“ in Passau präsentierte.

Da sitzt es also vor ihm, das Volk. Jener Wirt, an dem sich die Parasiten aus Politik und Pharmaindustrie gnadenlos festsaugen. Jene träge Masse, die den politischen „Ganz-Jahres-Fasching ohne Kostüm“ über sich ergehen lässt und mit Westerwelle als „neoliberalem Hassprediger“ und Merkel als Schöpferin der Bananenrepublik ein denkbar gemeingefährliches Duo an der Landesspitze sitzen hat. Das ist nicht lustig - und da ist es glatter Zynismus, wenn Arnulf Rating sein Programm am Donnerstagabend im Scharfrichter „Aufwärts“ nennt.
Arnulf Rating ist ein Mann um die sechzig mit Halbglatze, aufdringlich gestreiftem Anzug und Aktenkoffer. Er ist weitgereist auf den Kabarettbühnen des Landes. Er ist ein Routinier und einer, der seinem Politiker-„Bashing“ (zu Neudeutsch: in die Pfanne hauen) einen intellektuellen Anstrich verleiht. Eine verklausulierte Wort-Tirade wird aufgebracht an die andere gereiht. Rating schwankt dabei zwischen beißender Ironie und bitterer Wahrheit — und erläutert dem Publikum das politische und mediale Versagen von der Schweinegrippe über Hartz IV bis zur Finanzkrise.

Dauer-Bombardement macht seltsam müde

Das ist in seinen besten Momenten hochintelligentes Polit-Kabarett mit beeindruckender Dichte und Sprachwitz: von der „Rentenvollzugsanstalt“ bis zur „Genfer Konfektion“. In seinen schwachen Momenten aber ufert Ratings Rundumschlag aus, verliert die Struktur, wirkt abgespult und macht trotz oder gerade wegen des Dauer-Bombardements mit den Niederungen der Politik seltsam müde. Da ist es bittere Ironie, dass bei Ratings Kommentaren zu diversen Schlagzeilen der Bild-Zeitung eher die pointiert-populistischen Titel faszinieren als seine mäßig amüsanten Statements. Und es ist bedauernswert, dass Rating schließlich auch vor Beamten- und Pfarrer-Ministranten-Kalauern nicht Halt macht. Zeit also, dass es wirklich „aufwärts“ geht.

Dorothea Walchshäusl

© Passauer Neue Presse, 23.10.2010