Gepflegter Rundumschlag

PULHEIM.   Wenn ein Kabarettist sein Programm bereits „Alles Prima!“ nennt, muss ja `was faul sein. Und jede Menge Fäulnis entdeckte der Berliner Kabarettist Arnulf Rating hierzulande. Ratings Breitseiten betrafen die Bundesregierung genauso wie die kleinsten Verästelungen in den Kommunen. Nur neun Tage nach der Deutschlandpremiere dieses neuen Programms im Düsseldorfer Kommödchen waren die Pulheimer an der Reihe.

Einen gepflegten Rundumschlag bot Rating bei seinem Auftritt im großen Saal des Walzwerkes. Und einen einen ganz persönlichen Willkommensgruß Marke Rating hatte der Kabarettist auch zur Einstimmung im Gepäck: „Ich grüße sie hier in Bad Pulheim. Ich habe gleich gesehen, dass dies hier ein Kurort ist. Und in einen Kurort wird man ja schließlich vom Arzt eingewiesen.“ Doch Rating gab sich auch versöhnlich: „Auch wenn sie das gleiche Nummerschild haben wie der Schumacher-Ort, wird hier, wie ich gemerkt habe, deutlich langsamer gefahren.“

Das war aber auch das Ende der lokalen Bezüge. Geschwind wechselte Arnulf Rating auf die Bundesbühne. Themen gab es genug. Da ging es um die Vermarktung der Politik. Die sei viel zu teuer. Wie solle man beispielweise Roland Koch fotografieren, damit er gewählt wird. Das werde sehr aufwändig. Um die Politik zu finanzieren zu können, schlug Rating zur Freude des Publikums statt einer Vermögenssteuer eine Unvermögenssteuer für Politiker vor. Säule des Ratinger Steuermodells ist eine Schwafelsteuer. Müntefering sei gleich mit 90 Prozent zu veranschlagen, Stoiber für einen „Ääh“-Zuschlag vorgesehen und Westerwelle für eine spezielle Dünnpfiffsteuer.

Besonderen Esprit hatte Ratings Analogie der deutschen Vereinigung: „Nach der Vereinigung mit der DDR haben wir uns diese Braut schöngetrunken. Wir können sie aber nicht bezahlen. Scheidung ist allerdings aus Pietätsgründen nicht möglich. Wer soll sie sonst nehmen. Die Polen haben doch auch kein Geld.“

Bei bösen Sketchen wie diesem kochte der große Saal im Walzwerk. Und so ging der bunte Reigen der Bösartigkeiten weiter. Er reichte von der Globalisierung à la „Daimler-Kriseler“, über die lustige Beerdigung des Sozialstaates oder die Nabelschau eines Ich-AG-Vorsitzenden.

Dieter Wolf

© Kölnische Rundschau, 20.10.2003