Ex Po 2000

 

Warum Hannover der Arsch der Welt ist und uns deswegen die Weltausstellung an selbigem vorbeigehen kann

 

Wer Hannover kennt – dem gefällt es überall! Dieser Spruch ist nicht nur ein Spruch, er ist einfach wahr. Er gilt für manche deutsche Ortschaft, aber für Hannover wurde er einst erfunden. Viel Geld wurde ausgegeben, um aus der Heimatstadt unseres Bundeskanzlers was Dolles zu machen – aber es hat nicht geklappt. Man kann aus einem Esel kein Rennpferd machen; Geld allein macht noch kein Ereignis, ein paar aufgemotzte Messehallen noch keinen Erlebnispark. Man erinnert sich: als Schröder dort noch regierte, wurde anlässlich der Chaos –Tage jeder, der nur ein bisschen bunte Haare hatte, schon am Bahnhof verhauen und aus der Stadt gejagt, Asylbeweber wurden im Land Niedersachsen mit der Feuerwehr aus dem Kirchenasyl gespritzt – und jetzt auf einmal weltoffen? Da soll die Welt hin? Um – im Zeitalter von e-mail – dort den "größten Briefkasten der Welt" anzugucken? Die Zukunftsvisionen von Siemens und VW?

Überhaupt: Weltausstellung. Was soll das? Ist das nicht von Gestern? Wo doch heute alle Welt im Internet ist. Da ist die ausgestellte Welt nur einen Mausklick entfernt. Die Welt geht ins Netz – aber nicht nach Hannover.

Klar, früher war das anders. Bei der Weltausstellung damals in Paris gab es noch einen Eiffelturm, in Brüssel gar das "Atomium". Atomium! Das war in den Fünfziger Jahren, als die Visionäre der technischen Zukunft noch ganz ergriffen von der eigenen Größe vom "Atomzeitalter" träumten, von atomgetriebenen Flugzeugen, die ohne Zwischenlandung ein paarmal um die Welt fliegen könnten, weil der Brennstoff im Reaktor so lange reicht. Die Flugzeuge sollten ganz lang werden: hinten der Reaktor. Dann eine endlose Röhre mit nichts als Luft – gedacht als Strahlenschutz, weil Blei zum Abschirmen den Flieger zu schwer machen würde. Und ganz vorne dann ein paar Passagiere. Na denn mal: Guten Flug! Vom Absturz ganz zu schweigen.

 

Zukunftsträume können schnell platzen. Heute gibt es im Rahmen der Expo die "Autostadt" von VW in Wolfsburg. Aber gemein, wie das wahre Leben nun mal ist: Der Benzinpreis ist gerade derartig hoch, dass viele mobile Fortschrittsfans sich schon aus Spritmangel nicht zur Expo und in diese automobile Zukunft bewegen können.

Wäre ja alles halb so wild. Wenn nicht Expo-Chefin Birgittigitt Breuel vorher so groß getönt hätte, dass diese tolle Show sich selbst finanzieren und den Steuerzahler gar nichts kosten werde. Im Gegenteil, sie sollte nur Gutes bringen, alles sollte aufblühen.

Genau so was hatte Frau Breuel uns schon mal erzählt. In dem Job, den sie vorher hatte und mit dem sie sich qualifiziert hat als Spezialistin, die öffentliche Gelder treu und zuverlässig in private Hände leiten kann: Als Chefin der Treuhand, die das Volkseigentum des Ostens zum Privateigentum von ausgesuchten Westlern umrubeln durfte. Damit daraus blühende Wunder würden.

Gewundert haben wir uns schon. Wie hatte damals Kohl gesagt? Dass das den Steuerzahler gar nichts kosten werde, im Gegenteil: alles sollte aufblühen. Von wegen nichts kosten! Da hat er sich ja einfach mal locker um drei Billionen Mark verrechnet. Mir ist immer noch unverständlich, dass Kohl wegen der läppischen paar Millionen für die Partei in Ungnade gefallen ist, von denen er nicht sagt, wo er die her hat. Warum wird er nicht strafrechtlich verfolgt wegen diesem Schaden von drei Billionen Mark, von denen keiner so richtig weiß, wo die hin sind?

Was also in aller Welt soll die Leute bewegen, nach Hannover zur Weltausstellung zu kommen? Expo – der Name sagt doch schon, wo das Geld geblieben ist, das wir da rein gesteckt haben: Ex Po – alles im Arsch!

 
meier, Juli 2000 
 

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