Arnulf Rating,
Gewinner des Kabarettpreises

Den Applaus am Ende seines Programmes quittiert Arnulf Rating gewöhnlich mit dem Satz: »Schön, wenn Deutsche einmal mit ihren Händen klatschen, ohne daß ein Türke dazwischen ist.« Worauf sich der Beifall in aller Regel verdoppelt.

Anfangs ist der große Blonde, damals noch mit den »Drei Tornados«, Schnauzer und vollem Haar durch die Klubs von Kiel bis Konstanz getingelt. Für die einen schob deren Mischung aus bösartiger Satire und derben Späßen die Grenzen des guten Geschmacks immer weiter hinaus, andere fanden für Rating wenig schmeichelhafte Umschreibungen. »Rhetorischer Dampfhammer« etwa oder »St. Grobian im Babyspeck«.

Der 43jährige Berliner scheint sich nichts daraus zu machen. Eher spottet er über das Schubladendenken dieser Kritiker. »Warum soll Otto nicht mal ein politisches Statement abgeben oder Martin Buchholz 'nen Spruch kloppen, der kein intellektueller Wortwitz ist?« Ja, warum eigentlich nicht?

Nach dreizehn Jahren Tornado, einem gescheiterten Variete-Projekt und diversen Auftritten mit Kollegen startete er, mittlerweilen bartlos, vor anderthalb Jahren die Solo-Karriere. »Perlen der Heimat« hieß sein erstes Stück, eine amüsante und mitunter gallige Zustandsbeschreibung vom geeinten Deutschland. Zwei Stunden redet der Mann ohne Unterlaß, Komma kennt er kaum, satzabschließende Punkte erst recht nicht. Dazu schneidet er Grimassen, fuchtelt mit allem, was ein Gelenk hat, reiht Blindgänger und Lacher unverfroren aneinander.

Gentechnik und Aids, Ozonloch und Fitneßwahn – kein Thema scheint vor dem 43jährigen sicher. Und nun noch nicht mal ein Preis. Gestern erhielt er den von der Stadt Nürnberg gestifteten und mit 6.000 Mark dotierten Deutschen Kabarettpreis, nach dem Deutschen Kleinkunstpreis die zweithöchste Kabarettauszeichnung.

Björn Wirth

 
© BerlinerZeitung, 22.02.1995 
 

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